Thursday, September 14, 2006

A lesson in humbleness

Bevor ich zum eigentlichen Thema des Tages komme, eine Anmerkung, die gestern unangemessen gewesen wäre:
Liebe Kanadier, was denkt ihr euch eigentlich dabei, wenn ihr versucht, ein umweltfreundliches Verbrauchersystem zu schaffen? Schonmal was von konsequent durchziehen gehört?
Stein des Anstoßes: das Klo. Man gehe in einen öffentlichen Restroom (toilet klingt ja soooo niedrig) und benutze den Abtritt. Und weil man ja was auf sich hält, wasche man sich nach dem Geschäft auch die Hände. Wasser, cremige Seife, man lässt die Hände länger als nötig unter dem angenehm warmen Strahl, vor allem, da es draußen ungemütlich kalt ist und die Räume dank Klimaanlage ebenfalls, jedenfalls muss man sich irgendwann losreißen und der coolen Realität ins Auge sehen: Es gibt kein Papier, mit dem man sich die Hände trocknen könnte. Ein Hoch auf kanadisches Papiersparen. Auf öffentlichen Lokussen (oder Loci??) gibt es lediglich Warmluftautomaten, die in etwa so effektiv sind wie der Versuch, sich mit einem Kaltluftfön die Haare trocknen zu wollen (jaja, alles schon probiert). Nicht mal Mr. Bean hat damit seine Klamotten trocken bekommen. Die "Punchline" dieser Ausführungen ist: Kanada ist ein so baumfreundliches Land, dass es seine Toilettenbesucher lieber mit feuchten Händen ins ebenso nasskalte Outdoors entlässt, als einen Baum zu viel zu opfern.
Und dann geht man mit eben diesen feuchten Händen in einen Supermarkt und bekommt in etwa hundert Plastiktüten nachgeschmissen. Falls man hundert Artikel kauft. Ehrlich, ich habe Verkäufer Tüten mit einzelnen Artikeln packen gesehen. Sollte jemand in dieser Stadt daran zweifeln, dass ich Ausländer bin, muss er mir nur in den Supermarkt folgen, wo ich jedesmal vor dem Bezahlen schnell abwehrend meine Hände ausstrecke und "That's ok, I don't need a bag, I have one with me", oder, etwas ungelenker: "Non, merci, c'est pas nécessaire, j'ai déjà une was-heißt-noch-mal-Tüte-auf-Französisch" hervorstoße.
Ehrlich, Andie, das wär ein Land für dich, hier kann man seine ganz persönlichen Plastic Bag Moments erleben, und zwar am Fließband.

Jetzt musste ich mal eben auf den Titel dieses Eintrags linsen, oder besser gesagt, spicken: A lesson in humbleness.
Stimmt, eigentlich sollte es um die ewig gleiche Leier gehen: Conni fühlt sich eingeschüchtert und zieht sich zurück, sobald jemand des Weges kommt, der möglicherweise in irgendeiner Form cleverer, begabter oder einfach motivierter ist als sie (notice: switch to 3rd person narrator). Seit sie die Uni besucht, ist dieses Zurückziehen immer schwerer geworden, weil die Population, in der sie sich an der Uni befindet, zu erwartender Weise mehr von dieser Spezies enthält, als die Realität. Und hier, wo einem ständig unter die Nase gerieben wird, was für ne tolle Uni man besucht, sollte die ganze Stichprobe aus Intelligenzbestien bestehen.
Conni lernt aber so langsam, damit umzugehen. Ihr Konkurrenzdetektor springt nicht mehr sofort an, sondern macht Platz für ein: Vielleicht-lohnt-es-die-Mühe-diese-Person-kennenzulernen grünes Licht. Nun muss sie nur noch aufpassen, dass diese Akzeptanz nicht in Verehrung umschlägt und damit die gleiche kontraproduktive Wirkung hat wie Neid: Najasoschlau/motiviertwieder/diebinichsowiesonichtwiesoalsoüberhauptprobieren.
Erst heute habe ich mich mit Meaghan unterhalten, die gestern tatsächlich für einen Moment keine Lust hatte, den Telephonhörer aufzunehmen und mit ihrem in Vancouver studierenden Freund zu telephonieren, weil sie von ihrer Phonologiehausaufgabe so fasziniert war. Nerd, nach ihrer eigenen Auskunft, faszinierend, nach meiner Überzeugung. Meaghan hat Ahnung von Syntax und generell theoretischer Linguistik. Und sie ist Musikerin. Und nicht mal ein sozial unfähiger Mensch. Welche Punkte bleiben da noch, die ich auf meiner Seite auf die Waage schmeiße (außer dem Pfund, dass ich hier schon zugenommen habe). Und meine Lesson of humbleness for today rät mir, die Waage aus dem Fenster zu werfen, Meaghan kennenzulernen und sie zu fragen, ob sie mir bei Syntax hilft. Ommmmmmmmmmm. Alles im LOt.

Habe ich noch weltausdenangelnhebendes vergessen? Oh, natürlich. Vor ca. 3 Stunden bin ich vom Jazztanz nach Hause gekommen und auauau fasst meinen physischen Zustand am Treffendsten zusammen. Ich habe mir eine doppelte Dosis Sport angetan, den Jazz Anfänger- und den Fortgeschrittenenkurs, einfach um zu gucken, welcher mir besser gefällt. Und um ganz ehrlich zu sein, ich glaub, der Anfängerkurs passt besser zu mir, die ich keinerlei Erfahrung mit Ballett habe, was aber Voraussetzung für diesen Kurs ist. Kommentar einer Mittänzerin: Well, you did so well today, you can get much more out of this class than out of the beginners' class.
Ich hab mich noch nicht entschieden, ob das typisch kanadische Mentalität ist: get the most out of a class. Vielleicht einfach nur Studiengebührenzahlermentalität. Aber, meine Güte, es reicht doch, wenn ich versuche, to get the most out of my syntax class. Das macht mich genug fertig. Ich muss nicht auch noch das meiste aus meinem Sportkurs quetschen. Am Ende fühle ich mich wie eine ausgezutschte Zitrone. Sport ist nicht so sehr zum Lernen wie zum Spaß haben da.

Aside: Andererseits ist die Einstellung, das meiste aus einem Kurs herausholen zu wollen, sicherlich der vorzuziehen, nur widerwillig hinzugehen und die erforderlichen Texte nicht zu lesen. Dann kann mans auch gleich sein lassen, wa?

5 Comments:

At 5:05 AM, Blogger claudi said...

Liebe Conni,
ich oute mich gleich mal als Dauerleser deines Blogs und auch als Anglizismen-Benutzer. Ärgere dich bloß nicht über die wenigen Kommentare; ich bin sicher, die Dunkelziffer deiner Leser ist weitaus höher als es den Anschein hat.
Die deutschen Medien haben gestern auch von dem Amoklauf im College berichtet und obwohl man weiß, dass du an einer Uni bist und am College nichts zu suchen hättest, macht man sich schon seine Gedanken. Rat mal, worüber ich gestern mit Chris gechattet habe: Hätten wir bei dir anrufen sollen oder gar deine Mutti in Berlin? Oder reagieren wir ein klein bisschen über, weil du so weit weg bist? Naja, letzten Endes haben wir uns für die gute alte Coolness entschieden und uns gesagt: Die Conni schlägt sich dort drüben so tapfer, da wird sie ja nicht gleich in den nächstbesten Amoklauf geraten. Bestechende Logik, nicht wahr?
Heute ist besagter Amoklauf schon wieder aus den Medien verschwunden, statt dessen spekuliert man erneut über den spektakulären Entführungsfall der Natascha Kampusch, wobei die "Anteilnahme" der Öffentlichkeit den eigentlichen Fall an Bizarrheit schon fast übertrifft: Es liegen bereits 30 Verfilmungsangebote vor, heißer Favorit für die Hauptrolle: Scarlett Johansson.
Wie auch immer, der von dir beschriebene Uni-Spirit scheint den der Studis hier mehrfach zu überrunden, was doch irgendwie neidisch macht (mir drängt sich gerade das Bild wiederkäuender Kühe auf). Die Syntax biegst du dir schon noch zurecht, mit oder ohne die Hilfe deiner Super-Kommilitonen. Tschakaaa!

 
At 5:55 PM, Blogger Conni said...

Erzähl, von Natascha Sonstewer hab ich noch gar nix gehört!

 
At 5:29 AM, Blogger claudi said...

Hallo Conni,
mit jedem Tag Ferien in Wurzen beneide ich dich um deinen ereignisreichen Uni-Alltag in Montreal ein klein bisschen mehr. Langsam freue ich mich auch wieder auf Leipzig, besonders, seit ich weiß, dass Herr Dr. Welz wieder am Institut ist! : )
Zu Natascha Kampusch: Sie ist im Alter von 8 Jahren entführt worden und konnte sich nun, 10 Jahre später, befreien, woraufhin ihr Entführer Selbstmord begangen hat. Sie hat seither ein TV-Interview gegeben und beeindruckte dabei alle mit ihrem starken Willen, ihrer offensichtlich selbst erlangten Bildung und der Fähigkeit, sich auszudrücken. Dann haben sich diverse Psychologen und Profiler in anderen Talkshows gemeldet und über diesen speziellen Fall philosophiert. Und nun zeigt eben auch Hollywood Interesse. Natürlich hat der Fall auch vielen Eltern noch vermisster Kinder Hoffnung gegeben und viele von ihnen wurden auch im Fernsehen interviewt. Und obwohl Frau Kampusch verständlicherweise schweigt, ebben Interesse und Spekulationen nicht ab. Schon ein bissel bizzar. Soviel also dazu.
Ich hoffe, du schlägst dich nach wie vor tapfer und drücke die Däumchen!
Liebe Grüße

Claudia

 
At 7:55 PM, Blogger Conni said...

Hör bloß auf, Claudi, ich sitze hier gerade über Syntax und überlege, ob ich im letzten Moment noch die Flinte ins Korn werfe und lieber die leichteren Kurse nehme. Ich raffs einfach nicht und irgendwie bin ich zu faul, Wochenend- und Nachtüberstunden einzulegen, um die basics nachzuholen. Außerdem hätte ich nichts gegen etwas längere Ferien gehabt. Also maul nciht, sondern genieß jeden Tag, lies was Schönes für mich mit - und viel Glück bei Optimalitätstheorie, wenn du das nicht schon geschrieben hast. Ich hatte doch schon was von Natascha Kampusch gelesen, wahrscheinlich gleich an einem der ersten Tage nach meiner Ankunft hier. Genieß den restlichen September. Kann man in Wurzen noch baden gehen? Das habe ich diesen Sommer nur zweimal gemacht. Kläglich.

 
At 9:51 AM, Blogger claudi said...

Okay, okay, ich wollte damit nicht andeuten, du hättest es gut oder gar besser dort drüben (obwohl ersteres bestimmt teilweise zutrifft), sondern die positiven Seiten herausstellen. Frieden!? :) Deine Entscheidung zum Syntax-Kurs ist ja wahrlich ein salomonisches Urteil. Find ich gut!
Ich selbst überlege gerade, ob ich es dir gleichtue, und zwar bei der Optimalitätstheorie. Ich bewundere Katha dafür, dass sie das so gut gemeistert hat. Aber ich habe ja noch Morgen zum Lernen und eigentlich heute Abend auch, zumal ich gerade im Exil bin - in unserem Keller, um genau zu sein. Grund: Mein Brüderchen veranstaltet heute eine LAN-Party und da sind alle Zimmer mit PCs und ihren Besitzern belegt, was für meine zarten Ohren (und teilweise mit fortgeschrittener Zeit aufgrund des Bierkonsums auch meine Nase) zu viel des Guten ist. Und da wir im Keller keinen Fernseher haben ; ), gibt es hier wenig, um mich abzulenken.
Baden zu gehen ist eine ausgezeichnete Idee, aber ich mag alleine nicht. Wie du schon so schön sagtest: Kläglich, v.a. weil ich kostenlos in die Schwimmhalle gehen könnte. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ich drück dir wie immer für alles die Daumen und wünsche dir ein schönes WE!
Yours, sincerely,
Claudi

 

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