Saturday, September 30, 2006

Varückt

Wie ich so gerade eben auf meiner Studiverzeichnis-Seite vorbeischaue, sehe ich, dass mich zwei Nachrichtenu nd eine Freundschaftseinladung erwarten. Freundschaftseinladung klingt sehr nach Grundschule und "Willstdumitmirgehen" Kärtchen. Mit Schule hat es allerdings nur einen gemeinsamen Nenner: Man trifft dort alle möglichen Leute aus der Schule wieder, deren Nachnamen längst ins selige Dunkel der Vergessenheit gedriftet sind. Für alle, die nicht wissne, was das Studiverzeichnis ist: Ähnlich wie Hi5 handelt es sich einfach um eine Datenbank, bzw. ein Studentennetzwerk, in dem sich jeder registrieren lassen kann, der im deutschsprachigen Raum studiert, oder als Student eingetragen ist, oder sich für einen Studenten hält, oder einen Studentenausweis hat, weil das so schöne Vergünstigungen für alles Mögliche gibt. Wo war ich? Ach ja, also man stellt sich dort selbst zur Schau, berichtet vom eigenen ach so spannenden Leben und sucht nebenbei nach anderen Studis mit gleichen INteressen oder gleichem Leidensweg (sprich, gleiche Schulbank gedrückt). Allein die Art von Photo, mit dem sich jeder präsentiert, spricht Bände und ähnelt ein wenig dem Abibuchphoto: Was will ich darstellen, wie sollen die anderen mich sehen. Mein Photo sagt: Es geht mir gut, ich habe noch alle Zähne (strahlendes Lächeln) und mein Leben ist perfekt. Einige andere sehen wahlweise besonders alternativ, abgefahren, modellmäßig, cool, intellektuell.... etc. aus - Es fällt tatsächlich arg schwer, einen Unterschied zu den Abibildern von vor drei Jahren zu finden. Wir sehen vielleicht alle etwas reifer und faltiger aus, aber wir wollen noch immer darstellen. Uns in Pose setzen.
Wird sich wohl auch nicht ändern, auch nicht, wenn wir uns in zehn Jahren zum Klassentreffen in irgendeiner hippen Location wiederfinden und der eine den Mercedes röhren lässt während der andere betont laut das bunt bemalte Fahrrad an der Straßenlaterne anschließt.
Trotzdem, ich mag das Studiverzeichnis, allein schon weil es amüsant ist, auf den Seiten anderer Leute zu stöbern und gleichermaßen zu schauen, wer den die eigene Seite besucht hat. Meistens Leute, die man nie gesehen hat. Letztens hab ich ein Gesicht wiedererkannt: Ein männlicher Lockenschopf hatte sich für meine Seite interessiert, und ich konnte ihn auch eindeutig in die Schublade: Leipzig! stopfen - aber von wo da? Spanisch?Psycho?Englisch oder gar Linguistik? Chor oder Salsakurs oder jemand aus der Cafeteria? Kassierer im Supermarkt?
Kurz darauf die Erleuchtung: Ich glaub, es war mein Nachbar in der Becher-Str. 3. Nur woher der meinen Namen kannte, ist mir schleierhaft. Ich bilde mir einfach ein, er sei ein heimlicher Verehrer, der aus der Ferne schmachtet und unter höchsten Gefahren und durch Bestechung des POstbotens meinen Namen in Erfahrung gebracht hat. Schade eigentlich, dass ich nie Rosen oder gar Pralinen im Briefkasten hatte. Wahrscheinlich war unser Briefschlitz zu klein dafür.
Jedenfalls hat er immer freundlich gegrüßt.

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