Sunday, October 01, 2006

Kulturbrücken aus Hermanns Biergläsern

Tja, wer glaubt, die Kanadier unterschieden sich in ihren Vorstellungen von Deutschland großartig von ihren Nachbarn im Süden, der irrt. Sie wissen zwar im Gegensatz zu manchen Amis, dass die Mauer gefallen ist und sogar wann und dass Angela Merkel bei uns momentan den Laden schmeißt, aber auch sie glauben, dass wir das Bier mit der Muttermilch aufsaugen. Oder doch zumindest ab 11 Uhr morgens mit dem Trinken beginnen. Als Brotzeit, sozusagen.
Es ist allerdings schwerer als gedacht, gegen solche Vorurteile - oder sollte ich sagen Übergeneralisierungen? vorzugehen. Was können die Kanader denn dafür, dass sie Deutschland mit Bayern gleichsetzen? Reiseveranstalter, die Europa-14-Tage-Trips anbieten, jagen den gehetzten Nordamerikaner schließlich von einem Highlight zum nächsten: Eiffelturm, Big Ben, Hofbräuhaus...da bleibt keine Zeit für die Weltzeituhr oder gar die Bremer Stadtmusikanten. Deutschland ist Oktoberfest, Eisbein, Sauerkraut und manchmal auch nach großzügigem geographischen Ausholen gen Süden, Schnitzel.
Lamentieren hilft nichts? Man müsse positive Gegenbeispiele setzen? Ja, aber woher nehmen? Ich habe heute abend gekocht, und ratet mal, was ich meinen Mitbewohnerinnen urdeutsches vorgesetzt habe: gebratenen Fisch in Karotten-Curry-Sauce mit Reis in Kokosnussmilch. Halt typisch deutsch. Was sind denn typisch deutsche Gerichte, wenn man die Schweinshaxe mit Sauerkraut, die ich eh noch nie gegessen habe, mal ausspart? Dies möge als Aufruf an die zahlreichen Leser und Leserinnen meiner Kolumne gelten, sich an meiner Statt den Kopf ein wenig zu zerbrechen und zu überlegen, was deutsche Cuisine ausmacht.
Einen Anlauf habe ich genommen, deutsche Kochkunst zu verteidigen. In meinem Eifer, unsere Küche als verwegen und exotisch darzustellen, bin ich leicht übers Ziel hinausgeschossen und habe Hermann porträtiert. Jetzt denken meine Mitbewohnerinnen, die spinnen, die Deutschen, brauchen 10 Tage, um einen Kuchen zu backen, geben ihm alle 5 Tage was zu futtern und lassen ihn den Rest der Zeit vor sich hingären. Das kann doch nur in totaler Ineffizienz und verdorbenem Magen enden...

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