Oh, es riecht gut!
Oh es riecht fein... aber nicht nach Plätzchen. Noch nicht. Erst einmal riecht es nach Thymian. Also alles die Augen schließen, tief einatmen und auf: "Thymian" wieder ausatmen.
Ich war am Samstag auf dem Markt. Nicht im Supermakrt an der Ecke , sondern auf einem richtig großen Markt. Die Sonne schien, ich konnte ohne dicke Jacke auf die Straße gehen und war mit einer Freundin an der Metro verabredet, um Little Italy von Montréal zu erkunden, aber wir verfehlten uns. Ich sollte hinzufügen, dass das nicht unsere erste Verfehlerfahrung ist. Wir haben beide kein Telephon und kalkulieren damit das Verfehlrisiko bereits mit ein, wenn wir uns verabreden. So stand ich also auch diesmal gelassen etwa 20 Minuten lesend an der Metrostation (ich war selbst zehn Minuten zu spät, also musste ich damit rechnen, sie nicht anzutreffen) und ließ mir die Sonne auf den Pelz scheinen. Und als ich genug gewartet und gelesen hatte, shclenderte ich los in Richtung Jean Talon Market. Und fand mich in einer großen, überdachten Markthalle wieder, in der es glüklicherweise nicht nach Fisch roch, denn der war in eine kleinere Halle verbannt worden. Ich stromerte von Stand zu Stand, stöberte nach interessanten Raritäten und verglich Preise. Und kaufte am Ende grünen Spargel für nur einen Dollar (!), leckere MacIntosh Äpfel, einen Bund Thymian und einen Weihnachtsstern (Pointsettia) ein. Draußen vor der Halle wurden bereits Tannenbäume verkauft und ich sog unter dem Vorwand näheren Betrachten-wollens den Duft einer solchen Tanne ein. Hach ja, Weihnachten kommt unaufhaltsam näher.
Zrück daheim klingelte es auch bald an der Tür und die verlorengegangene Freundin teilte mit, sie sei eben falls auf dem Markt gewesen und ob ich schon Mittag gegessen hätte und wie wärs mit Kochen. Aber sicher! Grüner Spargel und Thymian warteten darauf, ausprobiert zu werden. Nach Kochbuchkonsultation und Beratung mit Hühnchenexperte Joseph besorgten wir Hähnchenschenkel und fingen an zu marinieren (author's note: Weder Spragel noch Thymian noch mariniertes Hühnchen ist je zuvor durch meine kochtechnisch beinahe jungfräulichen Hände gewandert). Sojasauce (Josephs Idee), Senf und Honig (Erica's Beitrag), Pfeffer, Rosmarin und eben: Thymian. Hühnchen in Alufolie wickeln damit sie den Saft nicht verlieren (to avoid plagiarism: as cited in Joseph, 2006) und dann ab in den Backofen. Nebenbei Kartoffeln kochen und Spargel dünsten. Es ist soviel verlockender, Gemüse zu dünsten, wenn man bereits so ne Art Dampfsieder im Haus hat. Butter erhitzen, Thymian und Knoblauch hinein und die Kartoffeln darin schwenken. Kartoffeln schwenken klingtunglaublich professionell :) Eigentlich haben wir nur die Kartoffeln in den Topf mit der Butter plumpsen und sie drin herumkullern lassen. Dann war es Zeit, die Hühnchenschenkel aus dem Backofen zu holen. Das Resultat war so überwältigend schön braun und knusprig, dass wir uns nicht zurückhalten konnten und Photos gemacht haben. Also demnächst auf dieser Seite.
Die Kochorgie dauerte mindestens 1 1/2 Stunden.
Ein kulinarisch ereignisreicher Tag endete übrigens vor dem Laptop, mit der zweiten Staffel Greys Anatomy. Und hätte Joseph nicht um halb eins angerufen, würde ich immernoch gucken...
No schmoking!
Es ist Sonntag nacht, und ich bin noch nicht müde. Ich hatte einen sehr entspannten Sonntag: Angefangen hat er mit einem Besuch in der Wäscherei, und das ist beinahe eine meditative Erfahrung. Man betritt das kleine Café an der Ecke, überlässt die schmutzige Wäsche den Maschinen und lässt sich auf einem der gemütlichen Sofas nieder, um an einem grünen Tee zu schlürfen, zu lesen und sich von der Melange aus afrikanischen Rhythmen und Waschmaschinentrommeln in tranceartige Ruhe lullen zu lassen. Leider nur etwa eine halbe Stunde, dann ist die Wäsche fertig. Das Öffnen der Waschtrommel brachte mich allerdings schlagartig in die Realität zurück, als ich nämlich meine rosa Wäsche sah. Der Übeltäter war ein rotes Laken, jungfräulich zur ersten Wäsche angetreten und alles ordentlich durchgefärbt. Tja, zehn Minuten mitfühlendes Gelächter meiner telephonsich verständigten Familie später fand ich meine Ruhe wieder, fand mich mit der Mehrzahl der rosa Wäschestücke ab (jedoch nicht mit allen, eins wird mich bis in meine Träume verfolgen!) und machte mich auch den Weg zum Vieux Port, der Altstadt Montréals. Es war ar...kalt draußen, ich hätte schwören können, Minusgrade. Anscheinend waren es aber doch, ui, 2 Grad über Null. Nach einem der Kälte bedingt kurzen Spaziergang kam ich nach Hause und hatte Appetit auf Chinesisch. Und keinen Chinesen in der Nähe. Ich fand mich damit ab, selbst zu kochen. Und als diese Erkenntnis durchgesickert war, fing ich an, mich aufs Kochen zu freuen. Ich kaufte ein: Zucchini, Champignons, Paprika, Schoten (junge Erbsen noch in Schale), Kokosmilch. Wieder daheim holte ich die großzügige Wokpfanne hervor und briet eine ganze Zwiebel an - wenn schon, denn schon. Kartoffel gewürfelt und dazu, dann Zucchini und Champignons. Zuletzt Erbsen und Paprika, das ganze mit Kokosmilch abgegossen und aufgekocht, zwischendurch Reis aufgesetzt. Und dann ordentlich mit Salz, Pfeffer und Curry gewürzt. Es war ein Fest. Ich sag euch, manchmal macht kochen richtig Spaß. Aber nicht immerzu. Da hört Kreativität und Lust bei mir auf. Heute wars entspannend. Danach hab ich mir mangels Alternative "Eine wie keine" auf youtube angeschaut und gedacht: Mensch, da bin ich echt rausgewachsen. Die MöchtegernProbleme von Highschoolteenagern sehen aus der Vogelperspektive des 4. Studienjahres lächerlich klein aus. Tja, später hab ich mich an meine Morphologieaufgaben gesetzt und das hat direkt Spaß gemacht. Ähnlich meditative Wirkung wie kochen.
Zum Abschluss dieses Beitrags vielleicht etwas Titelbezogenes: Ich war gestern abend spontan aus, eine heiße Schokolade trinken zu Life-Music und den Tanz- und Rapkünsten eines Hobbyexhibitionisten. Und ich trat aus dem Café, ging nach Hause, hängte meine Jacke auf und dachte: Welch Luxus. Rauchfreie Klamotten. Gleiches Szenario letzte Woche nach meinem Salsacluberlebnis: Man kann auch nach mehreren Stunden im Club noch einatmen, am nächsten morgen riecht das Ausgehtop nach Schweiß, nicht nach Rauch. Mit anderen Worten: Hurra rauchfreies Montréal, gepriesen seist du. Eine Regelung, die offensichtlich erst früher dieses Jahr in kraft getreten ist, verbietet das Rauchen in öffentlichen Gebäuden.
Lesen Sie nächstes Mal: Hurra den tretminenfreien Straßen Montréals, die es erlauben, erhobenen Hauptes nach Hans-guck-in-die-Luft-Manier durch die Stadt zu spazieren!
Der Anfang vom Ende
Ich merks ja selber, Einträge beginnen sich rar zu machen. Im Moment ist mir halt eher danach, zu "Maneater" durch die Wohnung zu hüpfen und die Nachbarn gegen mich aufzuhetzen, als meine Finger über die Tastatur gleiten zu lassen. Müdigkeit gilt auch nicht als Ausrede, nachdem ich heute beinahe den ganzen Nachmittag verschlafen habe. Und wer ist schuld? Die Sehnsucht nach dem Geliebten. Ich hatte heute einen Test in Language Acquisition und war deshalb bis ca. Mitternacht wach. Weder Konzentration noch Motivation waren in respektablem Maße vorhanden und ich schleppte mich halbherzig von einer Vorlesungsfolie zur nächsten. Tja und dann wachte Joseph gegen 0:30 Uhr endlich auf und ich hatte eine gute Entschuldigung, mich ihm zu widmen und Language Acquisition Language Acquisition sein zu lassen. Naja, und dann wars 2:00 Uhr, als ich das Licht ausmachte. Schlussfolgerung: Die Augenringe heute morgen waren nicht schön, sogar für meine Verhältnisse. Ich trage sogar Augenringe, wenn ich 10 Stunden nonstop geschlafen habe, aber heute morgen hingen sie doch sehr tief. Also hab ich mich nach dem Test ins Bett verkrochen um aufzuholen. Bis drei Uhr wollte ich schlafen, dreiviertel Fünf bin ich aufgewacht. Und musste mich sputen, ohne einen Happen im Magen zum Jazz-Training zu kommen. War natürlich zu spät. Aber das quasi Joggen zur Sporthalle hat mich ordentlich aufgewärmt und mir gleichzeitig unschätzbare Einblicke in das Privatleben meiner Dozenten gewährt. Wäre ich eher losgegangen, hätte ich nie meine hochschwangere Morphologiedozentin Hand in Hand mit einem unserer Dozenten (ich glaub er ist Deutscher und unterrichtet Semantik) gesehen. Also, shcicksalhafte Verspätung.
Warum ich ursprünglich pünktlich sein wollte? Weil heute meine letzte Jazzstunde war. Der Anfang vom Ende dieses Semesters ist eingeläutet. Hab ich erwähnt, dass ich die Tage zähle, die noch bis zum 24. Dezember bleiben und bereits in den buntesten Farben diverse Flughafenszenarios ausmale? Ich kann nicht mal sagen, dass Montréal das Warten erträglich macht - grau in grau, und kaum ein Tag, an dem es nicht regnet oder zumindest nieselt. Der Campus soll wohl in den frühen Abendstunden erleuchtet sein, sprich die Bäume (mittlerweile schamvoll kahl) tragen ein Gewand aus Lichterketten - aber da ich mit der Uni schon gegen halb drei fertig bin und mich nichts dazu bewegen kann, mich nur aufgrund der Lichter weitere zwei Stunden in den heiligen Hallen auzuhalten, habe ich sie noch nicht gesehen. Vielleicht klappts ja morgen.
Morgen veranstaltet einer unserer Dozenten (Italiener, trägt auf seiner Website nen Iro, spielt Schlagzeug und zitiert Radiohead: "If I could be who you wanted, all the time") ein Potluck bei sich zu Hause und wir sind alle eingeladen. Wem das Wort Potluck neu ist: kann ich nur ins Neudeutsche "Bring-a-bottle-party" übersetzen, jeder bringt was Leckeres mit. Wird sicher spannend, Dozenten mal nicht in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen :)
Ich kann mich übrigens Chris' Klage nur anschließen: Was ist los in Leipzig? Gibts Neuigkeiten an der Hiwi-Front, Claudi? Wie war die Rocky-Horror-Picture show? Habt ihr gesehen, dass es offensichtlich keine Karten mehr für die Herr-der-Ringe Symphonie gibt :( Habt ihr schon Pläne für Silvester? Ich hab das Gefühl, nicht ausgelastet zu sein: Ich könnte jedes Wochenende tanzen gehen. Hole ich jetzt Verpasstes aus Teenagerjahren nach? Nicht wirklich, denn ich hab mir vorgenommen, das nächste Mal Oropax einzustöpseln, bevor ich in nen Club gehe - das schechte Gewissen, schon wieder x Haarzellen abgetötet zu haben. Apropos Musik, ich bin gespannt, ob ihr da drüben auch Regina Spektor hört. Gestern hab ich ner Freundin feinste deutsche Popmusik vorgestellt: "Wo bist du mein Sonnenlischt" :) Sie hat nicht den ganzen Song durchgehalten.
Oh, und vorgestern hatte ich eine kurze Einführung in Dancehall. Ich kam nach meiner Jazzstunde auf dem Weg zur Umkleide an einem anderen Studio vorbei und hörte Musik, öffnete die Tür einen Spalt und schlich mich hinein um zu spannen. Und siehe da, der Kurs hatte gerade begonnen und war eine Einführung in Dancehall Musik und moves. Ich erinnere mich nur noch an Butterflies und dass Lightning eine ziemlich brutale Bewegung ist, bei der man den Zeigefinger gegen Mittelfinger und Daumen schlagen lässt und ein klatschendes Geräusch erzeugt. Ich hab mich jedenfalls gut amüsiert und fühlte mich weniger fehl am Platze als wenn Joseph versucht, mir die eine oder andere Bewegung beizubringen. Neben ihm seh ich wie ein Stock aus, steif und starr.
Was gibts noch Neues? Am letzten Wochenende war ich auf einer "Deaf Culture Awareness" Veranstaltung, was im Klartext heißt, dass ich drei Stunden lang bemüht war, ohne meine Stimme auszukommen und mich ausschließlich in Zeichensprache zu verständigen. Und es ist erstaunlich, wieviel man kommunizieren kann, ohne die Sprache wirklich zu beherrschen, ok ich gebe zu, es war auch viel Buchstabieren im Spiel, aber eben auch Gestik und Mimik.
Und Schlag Mitternacht verlässt mich die Motivation, weiterzuschreiben und ich begebe mich lieber auf die Suche nach dem verlorengegangenen Glasschuh und träume vom Prince Charming. Der für mich sehr vertraute Züge hat. Oh, bevor ichs vergesse, Katha, ihr müsst euch unbedingt unter einem Vorwand mit Joseph treffen - er jammert mir die Ohren voll, dass er zugenommen hat, und ich glaube ihm kein Wort. Ich kann ihn mir einfach nicht fett vorstellen. Dem müsst ihr auf den Grund gehen!
Also, ich hoffe, bald von euch zu hören,
liebe Grüße über den Teich
Of squeaks and squeals
Ein paar Beobachtungen:
Kanadier scheinen immun gegen hohe, quietschende Töne zu sein. Unsere Badtür gibt ein sattes Quietschen von sich, so dass ich jedesmal, wenn ich sie schließe oder öffne, aushole und sie in einem Schwung aufziehe - so ähnlich, wie man ein Pflaster mit einem Ruck abzieht - ratsch, lieber kurz und schmerzhaft als langsam und qualvoll. Neben diesem privaten Quietschen gibt es diverse öffentliche Quietscherfahrungen, denen man sich nur mittels größter Geistesgegenwart und Gedächtnistraining entziehen kann: Nicht die mittlere Tür zur McLennan Bibliothek benutzen, sondern nach links oder rechts ausweichen. Alles stehen und liegen lassen, sobald man den Bus herannahen sieht: Hände über die Ohren, sonst bekommt man ein volltönendes quiiiiiiiiiiieeeeeeeeeetsch zu hören, das benommen macht.
Habe ich schon erwähnt, dass ich einen tiefen Groll gegen Montréaler Busfahrer hege? Ich möchte ja keinem leidenschaftlichen Omnibusführer auf den Schlips treten (geht auch gar nicht, die Uniform sieht ein derartiges Kleiungsstück nicht vor), viele grüßen freundlich und spielen optimistische Musik, aber fahren können sie nicht. Das ruckelt und zuckelt, da wird angefahren, nur um im nächsten Moment an einer voraussehbar rotschaltenden Ampel voll auf die Bremse zu gehen - ehrlich, ich hab mich schonmal einem Herrn auf den Schoss gesetzt, als ich bei einer besonders schwungvollen Bremsung den Halt verlor.
Da ich nie lange Bus fahre, lohnt es sich meist nicht, ein Buch hervorzukramen, da kann ich mir genausogut meine Mitpassagiere anschauen. Letztens habe ich ein Mädel in rosa Mickey-Mouse Hosen gesehen, die stark an Pyjamahosen erinnerten. Das sympathische an Montreal ist, es stört keinen, wie du rumläufst, von movie star bis Wohlfühlschlabberlook ist alles erlaubt und auch vertreten.
Es scheint, als würde sich generell keiner stark für seine Mitmenschen interessieren, denn jeder zweite ist verstöpselt. I-Pod heißt der Zauberapparat, der in der nordamerikanischen Metropole die altmodischen MP3-Player, Discmans oder gar, Gott bewahre, Walkmans ersetzt hat. Und zwar so gründlich, dass jung und alt mit Stöpseln in den Ohren durch die Gegend spaziert und sich damit schalldicht von seiner Umwelt abkapseln kann. Ich habe immer weniger Hemmungen, auf offener Straße vor mich hinzuträllern - es hört ja eh keiner. Es ist auch nicht so, als würden Kanadier grundsätzlich das Zusammensein mit anderen Menschen scheuen. Im Gegenteil, Star Bucks und das kanadische Äquivalent, Second Cup, werden mit Vorliebe von Studenten und Berufstätigen bevölkert, die sich mindestens drei Stunden an einem Chai Latte (hmmmm, lecker) oder einem einfachen Kaffee festhalten und nebenbei Schularbeiten machen und auf ihren Laptops klappern. Meine Mitbewohnerin hat mir dieses Phänomen folgendermaßen erklärt: You still got to work, but it feels as if you're going out, as if you're doing something even though you're working. Ich hab das einmal probiert, vor ein paar Wochen, als unser Internet hier nicht funktionierte und ich dringend eine Hausaufgabe fertigmachen musste. Und ich gebe zu, es fühlt sich sehr bohèmien an, seinen Tee an einem Fensterplatz zu schlürfen, Regen klopft gegen die Fensterscheiben und man tippt auf seinem Laptop so vor sich hin. Die Sache hat nur einen Haken: Ich kann mich nicht konzentrieren, wenn neben mir geredet wird, Musik läuft und ständig Leute kommen und gehen. Es wär allerdings mal einen Versuch wert, einen Blogeintrag im Café zu verfassen. Lesen Sie demnächst auf dem Blog Ihres Vertrauens...