Saturday, September 30, 2006

Varückt

Wie ich so gerade eben auf meiner Studiverzeichnis-Seite vorbeischaue, sehe ich, dass mich zwei Nachrichtenu nd eine Freundschaftseinladung erwarten. Freundschaftseinladung klingt sehr nach Grundschule und "Willstdumitmirgehen" Kärtchen. Mit Schule hat es allerdings nur einen gemeinsamen Nenner: Man trifft dort alle möglichen Leute aus der Schule wieder, deren Nachnamen längst ins selige Dunkel der Vergessenheit gedriftet sind. Für alle, die nicht wissne, was das Studiverzeichnis ist: Ähnlich wie Hi5 handelt es sich einfach um eine Datenbank, bzw. ein Studentennetzwerk, in dem sich jeder registrieren lassen kann, der im deutschsprachigen Raum studiert, oder als Student eingetragen ist, oder sich für einen Studenten hält, oder einen Studentenausweis hat, weil das so schöne Vergünstigungen für alles Mögliche gibt. Wo war ich? Ach ja, also man stellt sich dort selbst zur Schau, berichtet vom eigenen ach so spannenden Leben und sucht nebenbei nach anderen Studis mit gleichen INteressen oder gleichem Leidensweg (sprich, gleiche Schulbank gedrückt). Allein die Art von Photo, mit dem sich jeder präsentiert, spricht Bände und ähnelt ein wenig dem Abibuchphoto: Was will ich darstellen, wie sollen die anderen mich sehen. Mein Photo sagt: Es geht mir gut, ich habe noch alle Zähne (strahlendes Lächeln) und mein Leben ist perfekt. Einige andere sehen wahlweise besonders alternativ, abgefahren, modellmäßig, cool, intellektuell.... etc. aus - Es fällt tatsächlich arg schwer, einen Unterschied zu den Abibildern von vor drei Jahren zu finden. Wir sehen vielleicht alle etwas reifer und faltiger aus, aber wir wollen noch immer darstellen. Uns in Pose setzen.
Wird sich wohl auch nicht ändern, auch nicht, wenn wir uns in zehn Jahren zum Klassentreffen in irgendeiner hippen Location wiederfinden und der eine den Mercedes röhren lässt während der andere betont laut das bunt bemalte Fahrrad an der Straßenlaterne anschließt.
Trotzdem, ich mag das Studiverzeichnis, allein schon weil es amüsant ist, auf den Seiten anderer Leute zu stöbern und gleichermaßen zu schauen, wer den die eigene Seite besucht hat. Meistens Leute, die man nie gesehen hat. Letztens hab ich ein Gesicht wiedererkannt: Ein männlicher Lockenschopf hatte sich für meine Seite interessiert, und ich konnte ihn auch eindeutig in die Schublade: Leipzig! stopfen - aber von wo da? Spanisch?Psycho?Englisch oder gar Linguistik? Chor oder Salsakurs oder jemand aus der Cafeteria? Kassierer im Supermarkt?
Kurz darauf die Erleuchtung: Ich glaub, es war mein Nachbar in der Becher-Str. 3. Nur woher der meinen Namen kannte, ist mir schleierhaft. Ich bilde mir einfach ein, er sei ein heimlicher Verehrer, der aus der Ferne schmachtet und unter höchsten Gefahren und durch Bestechung des POstbotens meinen Namen in Erfahrung gebracht hat. Schade eigentlich, dass ich nie Rosen oder gar Pralinen im Briefkasten hatte. Wahrscheinlich war unser Briefschlitz zu klein dafür.
Jedenfalls hat er immer freundlich gegrüßt.

Tuesday, September 26, 2006

Photos

Tja, wenn ihr weniger schiefe Photos von meinem Zimmer sehen wollt...leider nicht demnächst auf dieser Seite. Denen, die selbst im Studiverzeichnis angemel
det sind, schaut sie euch auf meiner Seite unter Fotoalben an. Allen anderen, hm, ich glaub, ich schick euch ne e-mail mit meinen Zugangsdaten, dann könnt ihr sie euch auch anschauen. Bin doch stolz auf meinen kleinen, sonnigen Raum.
Bis demnächst

Saturday, September 23, 2006

The Pierian Spring

Wenn ich mir das Vorlesungsverzeichnis der Uni Leipzig angucke, wünsche ich mir einmal mehr, als Zweitsemester wiederzukommen. Ich weiß, wenn ich erst als Zweitsemester komme, verpasse ich Graham Welshs Literaturkurs, aber wenigstens kenne ich die Stadt und die Leute bereits. Drittsemester wäre sogar noch besser, wenn man sichs so überlegt. Erinnert ihr euch, wie erhaben wir uns fühlten, als Stuart Hall, individualistic love und regressive Assimilation endlich keine Fremdwörter mehr waren? Als man sich im Strahl zweisemestrigen Wissens baden konnte und ganz entspannt neue Information aufnahm, weil man sich eben nicht jede Woche ängstliche Blicke à la: Was sind nochmal die Kennzeichen der Romantik? Und wer the heck ist Horace Walpole? zuwerfen musste. Wir wussten etwas. Endlich.
Gut, dass wir darüber unser Lieblingsgedicht nicht vergessen haben:

A little learning is a dangerous thing,
drink deep or taste not the Pierian spring.

Und richtig lag Herr Pope, natürlich brachte das neu erworbene Wissen die Verantwortung mit sich, mehr davon zu erwerben und dies dann am Ende des Semesters in schriftlicher Form darzulegen. So schnell werde ich den morgen im Februar nicht vergessen, als ich mit Kopien früherer Zwischenprüfungsaufgaben und meinen Karteikarten in meinem Zimmer saß und zur Beruhigung Bob Marley aus dem Discman schallte: Don't worry, about a thing, cause evry little thing, is gonna be alright. Wars dann ja auch. Und so anstrengend und nervenzehrend, wie wirs damals empfunden haben - wenigstens haben wir über dem Lernen für einen Moment die ewige Frage außen vorgestellt: Und was machen wir mit unserem Jodeldiplom?
Mal ehrlich, ich bin ja jetzt schon dabei, die Geschichte umzuschreiben und alles im verklärenden Licht "vergangener" Erfahrung darzustellen, wie wird das erst in 20 Jahren, wenn wir uns an die Uni zurückwünschen und darüber vergessen, wie oft wir uns die Sinnfrage gestellt haben. Ich jedenfalls nehme mir hiermit fest vor, mein letztes Jahr in Leipzig zu genießen und soviel mitzunehmen wie möglich (seht ihr, habe die "get the best out of a course" Mentalität bereits eingesogen). Vor allem da ich erfahren habe, dass Dr. Welz wieder in Leipzig ist Jippieh! Ich sollte mir ja wünschen, dass er seine Professur bekommt, sie wäre verdient, aber wenn er noch ein zwei Jahre bei uns bleibt, weiß ich, bei wem ich meine Abschlussprüfung mache.
Photos vom Zimmer gibts übrigens heute wieder nicht - hier regnet es und ich bin wild entschlossen, dieses kleine Reich von seiner besten Seite zu zeigen. Also geduldets euch!

Wednesday, September 20, 2006

Smells of Automn


Die Bilder sind ein Bestechungsversuch... oder ein Trostbonbon... und sollen vergessen machen, dass ich seit ein paar Tagen säumig gewesen bin mit diesem virtuellen Tagebuch. Früher habe ich manchmal Monate oder sogar Jahre vor dem nächsten Eintrag in mein mit Herzchen und Blümchen und Sternchen umrandeten Tagebuch vergehen lassen. Man muss alles in der richtigen Relation sehen!
Das habe ich mir gestern abend auch gesagt und nach einem klärenden Spaziergang durch die nächtliche Nachbarschaft mit mir selbst ausgehandelt, dass ich den Syntaxkurs "droppen" werde. Und das habe ich nach meiner Rückkehr an den Computer auch gleich in die Tat umgesetzt, bevor ich es mir ncohmal anders überlegen konnte. Die letzten Tage kam ich mir wie ein Jack-in-the-box (wie heißen die Dinger auf Deutsch?) vor, der ständig von einer Seite zur anderen schwingt und nie irgendwo ankommt (ich hätte natürlich auch das Bild des Blattes, das von jedem Lüftchen durch die Luft gewirbelt wird, wählen können, aber wir wollen das Maß an Schwülstigkeit ja niedrig halten, eh?
Jedenfalls, wie ich so durch die Straßen wandelte, kam mir der Gedanke, dass die Syntax kein Recht hat, mich zweimal innerhalb von zwei Wochen an den Rand der Tränen zu befördern, und ich kündigte ihr die Freundschaft. Und dann atmete ich tief ein, bemerkte das erste Mal, dass es in Montréal beginnt, nach Herbst zu riechen, und berauschte mich ein Weilchen am Duft der Herbstblätter (seht ihr, jetzt hab ich meine Dosis Schwülstigkeit pro Eintrag voll ausgeschöpft).
Später am Abend hab ich mich dann mt der Syntax ausgesöhnt und mir vorgenommen, den Kurs zu "auditen", also als Gasthörer teilzunehmen. Das hat den Vorteil, dass ich trotzdem die Texte lesen werde und etwas lerne, die Aufgaben und Vorträge jedoch nicht halten muss und keine Note bekomme. Ich gönne mir also das Gute ohne das Stressige. "Auditen" ist übrigens nicht meine Erfindung, das hat gestern meine DAAD-Koordinatorin gesagt und es zeigt, wie produktiv die Endung (Suffix) -en für die BIldung neuer deutscher Verben ist.

So, nun noch kurz zu den Bildern, die hier völlig unkommentiert im virtuellen Raum hängen: Das Unterste zeigt einen kleinen Ausschnitt des altehrwürdigen Campus' der Alma Mater. Der Weg führt gerade auf die Redpath Hall zu, in der ein Museum beheimatet ist, auf dem Rondell davor finden wir das Wappen McGills in rot-weißem Blumenarrangement. Ick sach euch späta, wat dit bedeutet, ick habe keene Ahnung, was uffm Wappen druff is.
Die beiden oberen Bildern hat eine deutsche Freundin am Wochenende bei den sogenannten TamTams aufgenommen: Am Fuße des Mont-Royal treffen sich die Trommel-Tanz- und Grasjünger, rauchen und spielen und tanzen gemeinsam und genießen den ausklingenden Sommer. An sonnigen Tagen findet man eine ganze Reihe von Straßenhändlern, die von Ethnoschmuck bis Ethnoklamotten alles verkaufen - wahlweise auf Französisch, Spanisch oder Englisch. Das Angebot ist überwältigend, zuviel Vielfalt für Conni, die sowieso Entscheidungsprobleme hat. Ich stelle hier die Theorie auf, dass meine Entschiedungsunlust mit meinem nicht vorhandenen Kaffeekonsum korreliert, nein, sogar kausal zusammenhängt: Würde ich Kaffee trinken, dann würde ich mir manchmal den Luxus gönnen, ihn bei Starbucks zu kaufen, und würde ich Kaffee bei Starbucks bestellen, so müsste ich jedesmal fünf Entschiedungen auf einmal treffen (Bevor ich mich dem Vorwurf des PLagiats schuldig mache, schaut euch lieber selbst E-mail für dich an).
So bestellle ich mir einen Chai-Tee, der zwar um LÄngen besser schmeckt als Kaffee, meine Entscheidungsfindungsprobleme allerdings nciht löst.

Thursday, September 14, 2006

A lesson in humbleness

Bevor ich zum eigentlichen Thema des Tages komme, eine Anmerkung, die gestern unangemessen gewesen wäre:
Liebe Kanadier, was denkt ihr euch eigentlich dabei, wenn ihr versucht, ein umweltfreundliches Verbrauchersystem zu schaffen? Schonmal was von konsequent durchziehen gehört?
Stein des Anstoßes: das Klo. Man gehe in einen öffentlichen Restroom (toilet klingt ja soooo niedrig) und benutze den Abtritt. Und weil man ja was auf sich hält, wasche man sich nach dem Geschäft auch die Hände. Wasser, cremige Seife, man lässt die Hände länger als nötig unter dem angenehm warmen Strahl, vor allem, da es draußen ungemütlich kalt ist und die Räume dank Klimaanlage ebenfalls, jedenfalls muss man sich irgendwann losreißen und der coolen Realität ins Auge sehen: Es gibt kein Papier, mit dem man sich die Hände trocknen könnte. Ein Hoch auf kanadisches Papiersparen. Auf öffentlichen Lokussen (oder Loci??) gibt es lediglich Warmluftautomaten, die in etwa so effektiv sind wie der Versuch, sich mit einem Kaltluftfön die Haare trocknen zu wollen (jaja, alles schon probiert). Nicht mal Mr. Bean hat damit seine Klamotten trocken bekommen. Die "Punchline" dieser Ausführungen ist: Kanada ist ein so baumfreundliches Land, dass es seine Toilettenbesucher lieber mit feuchten Händen ins ebenso nasskalte Outdoors entlässt, als einen Baum zu viel zu opfern.
Und dann geht man mit eben diesen feuchten Händen in einen Supermarkt und bekommt in etwa hundert Plastiktüten nachgeschmissen. Falls man hundert Artikel kauft. Ehrlich, ich habe Verkäufer Tüten mit einzelnen Artikeln packen gesehen. Sollte jemand in dieser Stadt daran zweifeln, dass ich Ausländer bin, muss er mir nur in den Supermarkt folgen, wo ich jedesmal vor dem Bezahlen schnell abwehrend meine Hände ausstrecke und "That's ok, I don't need a bag, I have one with me", oder, etwas ungelenker: "Non, merci, c'est pas nécessaire, j'ai déjà une was-heißt-noch-mal-Tüte-auf-Französisch" hervorstoße.
Ehrlich, Andie, das wär ein Land für dich, hier kann man seine ganz persönlichen Plastic Bag Moments erleben, und zwar am Fließband.

Jetzt musste ich mal eben auf den Titel dieses Eintrags linsen, oder besser gesagt, spicken: A lesson in humbleness.
Stimmt, eigentlich sollte es um die ewig gleiche Leier gehen: Conni fühlt sich eingeschüchtert und zieht sich zurück, sobald jemand des Weges kommt, der möglicherweise in irgendeiner Form cleverer, begabter oder einfach motivierter ist als sie (notice: switch to 3rd person narrator). Seit sie die Uni besucht, ist dieses Zurückziehen immer schwerer geworden, weil die Population, in der sie sich an der Uni befindet, zu erwartender Weise mehr von dieser Spezies enthält, als die Realität. Und hier, wo einem ständig unter die Nase gerieben wird, was für ne tolle Uni man besucht, sollte die ganze Stichprobe aus Intelligenzbestien bestehen.
Conni lernt aber so langsam, damit umzugehen. Ihr Konkurrenzdetektor springt nicht mehr sofort an, sondern macht Platz für ein: Vielleicht-lohnt-es-die-Mühe-diese-Person-kennenzulernen grünes Licht. Nun muss sie nur noch aufpassen, dass diese Akzeptanz nicht in Verehrung umschlägt und damit die gleiche kontraproduktive Wirkung hat wie Neid: Najasoschlau/motiviertwieder/diebinichsowiesonichtwiesoalsoüberhauptprobieren.
Erst heute habe ich mich mit Meaghan unterhalten, die gestern tatsächlich für einen Moment keine Lust hatte, den Telephonhörer aufzunehmen und mit ihrem in Vancouver studierenden Freund zu telephonieren, weil sie von ihrer Phonologiehausaufgabe so fasziniert war. Nerd, nach ihrer eigenen Auskunft, faszinierend, nach meiner Überzeugung. Meaghan hat Ahnung von Syntax und generell theoretischer Linguistik. Und sie ist Musikerin. Und nicht mal ein sozial unfähiger Mensch. Welche Punkte bleiben da noch, die ich auf meiner Seite auf die Waage schmeiße (außer dem Pfund, dass ich hier schon zugenommen habe). Und meine Lesson of humbleness for today rät mir, die Waage aus dem Fenster zu werfen, Meaghan kennenzulernen und sie zu fragen, ob sie mir bei Syntax hilft. Ommmmmmmmmmm. Alles im LOt.

Habe ich noch weltausdenangelnhebendes vergessen? Oh, natürlich. Vor ca. 3 Stunden bin ich vom Jazztanz nach Hause gekommen und auauau fasst meinen physischen Zustand am Treffendsten zusammen. Ich habe mir eine doppelte Dosis Sport angetan, den Jazz Anfänger- und den Fortgeschrittenenkurs, einfach um zu gucken, welcher mir besser gefällt. Und um ganz ehrlich zu sein, ich glaub, der Anfängerkurs passt besser zu mir, die ich keinerlei Erfahrung mit Ballett habe, was aber Voraussetzung für diesen Kurs ist. Kommentar einer Mittänzerin: Well, you did so well today, you can get much more out of this class than out of the beginners' class.
Ich hab mich noch nicht entschieden, ob das typisch kanadische Mentalität ist: get the most out of a class. Vielleicht einfach nur Studiengebührenzahlermentalität. Aber, meine Güte, es reicht doch, wenn ich versuche, to get the most out of my syntax class. Das macht mich genug fertig. Ich muss nicht auch noch das meiste aus meinem Sportkurs quetschen. Am Ende fühle ich mich wie eine ausgezutschte Zitrone. Sport ist nicht so sehr zum Lernen wie zum Spaß haben da.

Aside: Andererseits ist die Einstellung, das meiste aus einem Kurs herausholen zu wollen, sicherlich der vorzuziehen, nur widerwillig hinzugehen und die erforderlichen Texte nicht zu lesen. Dann kann mans auch gleich sein lassen, wa?

Wednesday, September 13, 2006

Sendepause

Entschuldigt die lange Funkstille meinerseits,
aber da ich mit den meisten, die diesen Blog lesen, mittlerweile per Skype komuniziere, ist ein essentieller Teil der Motivation für selbigen Blog entfallen. Außerdem sitze ich heute abend hier in meinem Kämmerlein an der ersten harten Nuss. Ich lese einen Syntax-Artikel und gebe mir alle Mühe, ihn auch zu verstehen. Das muss ich auch, denn bis morgen früh um 4 Uhr müssen die Linsen aus der Asche gelesen sein...uups, da hab ich was verwechselt, nee, bis morgen früh um 4 Uhr muss ich drei intelligente Fragen zu dem Syntaxaufsatz heraufbeschworen haben (English interference: conjure up) und sie einsenden. Na danke. Ich liebe Syntax. Ich liebe Syntax. Ich...es hilft einfach nichts, Syntax und ich, wir beide werden einander wohl nie näher kommen als auf einer Liste, die meinen Notenspiegel wiedergibt: Cornelia Loos - Syntax: D (failed).

Egal, heute abend gibt es Wichtigeres zu berichten als meinen Syntax-Schiffbruch: Es geht mir gut. Ich bin am Leben. Ich nehme an, dass die deutschen Medien soviel internationales Bewusstsein zeigen, von der Schießerei am Dawson College, Montréal, zu berichten. Ja, im beschaulichen, demonstrativ nicht-amerikanischen Kanada kam es heute mittag zu einer Schießerei in einem der Cégeps (Zwischenstufe zwischen High School und Uni, Studenten sind also zwischen16 und 19). 19 Verletzte, 1 Toter, einer der Bewaffneten wurde ebenfalls tödlich verwundet.
Ich habs erfahren, als ich im Bus saß und das Mädel neben mir alle möglichen Freunde anklingelte und nach deren Befinden fragte. Ich weiß nichts näheres und da ich bald zu Bett gehe, erfahrt ihr womöglich eher Neues als ich. Ich wollte nur Bescheid geben, dass es mir gut geht.
Es wäre pietätlos, jetzt über kanadische Eigenheiten und Bräuche zu philosophieren, wie ich es ursprünglich vorhatte, daher gute Nacht für heute und mehr beim nächsten Mal

Wednesday, September 06, 2006

a dirty business

Heute, eben jetzt gerade, ist mir die typische Nerd oder auf Neudeutsch Loser-Szene passiert. Ich sass nichtsahnend auf der Campuswiese und verspeiste meinen Lunch (Pizza, sehr ernaehrungsbewusst, ich weiss) als ich ploetzlich etwas an den Kopf geworfen bekam. Ich sah mich um, aber niemand schien sich weder entschuldigen noch ueber mich lustig machen zu wollen.
Die Erleuchtung kam von oben. Eine Moewenkolonie hatte sich die selbige Wiese zum Stuetzpunkt erkoren und das, was mich dort aus heiterem Himmel getroffen hatte, war tatsaechlich das Endprodukt des moewischen Verdauungstraktes. Igitt.
Mit gesenktem Blick packte ich ruhig - bloss keine Panik zeigen - meine Sachen zusammen und begab mich auf die Suche nach dem naechsten Klo. Die Suche wurde durch meinen noch immer gesenkten Blick erschwert, aber einmal bei den Toiletten angekommen, konnte ich mich relativ schwindelfrei und ohne meinerseits noch Unverdautes ueber Speiseroehre und Mundraum von mir zu geben, von besagtem Moewenschiss befreien.

Diese Episode soll ein bisschen davon ablenkne, dass ich noch nichts ueber den ersten Schultag geschreiben habe. Vielleicht, weil ich ihn noch nicht verdaut habe, um mal bei der gastronomischen Metapher zu bleiben. Meine erste Stunde gestern war Syntax II. Wie man den roemischen Ziffern leicht entnehmen kann, folgt Syntax II einer Einfuehrung in die Syntax I. Da ich aehnliches bereits in Deutschland gehoert hatte, wiegte ich mich sicher und wissend und war daher auf den Schlag nicht vorbereitet: Ich verstand nur Bahnhof (oder train station)!
Und es brauchte einen ganzen Abend Aufpaeppelungswiederbelebungsversuche von Joseph (per msn, er ist leider nicht hier) um mich davon zu ueberzeugen, mich vielleicht doch an den Kurs zu wagen. Heute allerdings habe ich mehr oder midner nur interessante Kurse gehabt., so dass ich jetzt eine gute Entschuldigung haette, Syntax II aus meinem Stundenplan zu kicken. Schaun mer mal. Entweder ich spreche mit einem der Professoren im Department oder ich konsultiere nochmals meinen personal adviser alias Partner. Wahrscheinlich beides.
Jetzt aber ein paar generelle Beobachtungen bezueglich des Unterrichts. Obwohl die Dozenten undglaublich nett und zugaenglich wirken, wuerdigt keiner ihre Leistung am Ende der Stunde. Ich muss quasi meine Hand gewaltsam festhalten um den Impuls eines deutschen Studenten zu unterdruecken und mit meinen Knoecheln frenetisch die Tischplatte zu bearbeiten (klopfen).
Das ist das eine. Und das andere: Manchmal sehne ich mich nach unseren liebenswuerdigen aber eher unmotivierten Dozenten. Ich sollte unmotiviert mit einem Sternchen versehen: Ich meine damit, dass sie teilweise gern mehr von uns fordern wuerden, aber weder Zeit noch Arbeitskraefte haben, um unsere Arbeit zu ueberwachen. Hier muss ich in fast jedem Kurs ein midterm und ein final exam schreiben und zusaetzlich ein Miniforschungsprojekt abliefern, das in einigen Kursen gar nicht so Mini ist. Nehmen wir zum Beispiel Second Language Acquisition, ein Kurs, den ich gerade besucht habe und gern weiterhin belegen wuerde. Hier geht es darum, wie wir die Grammatik einer fremden Sprache erlernen und inwiefern unsere Muttersprache uns dabei hilft, behindert oder ob sie vielleicht gar keinen Einfluss auf den Zweitspracherwerb hat. Wir sollen uns ein Experiment ausdenken, um eines dieser Phaenomene zu testen und dieses Experiment ausfuehren und dann etwas darueber schrieben. In Sociolinguistics II (ich werde von IIen verfolgt, im Herbstsemester werden hauptsaechlich solche Fortsetzungskurse angeboten) sollen wir ebenfalls ein Experiment "ansetzen", in dem wir den Sprachgebrauch von bestimmten sozialen Gruppen vergleichen. Und obwohl das alles sehr spannend klingt, schrecke ich auch vor den Anforderungen zurueck. Es ist eine Sache, ein Buch zu lesen und eine Klausur zu schreiben und dann zu glauben, man wisse Bescheid ueber ein Gebiet, oder aber ein Experiment durchfuehren zu muessen und am Ende des Semesters vielleicht wirklich etwas gelernt zu haben, was man nach dem Final nicht gleich wieder vergisst. Ich spreche natuerlich rein hypothetisch, eventuelle Uebereinstimmungen mit lebenden Personen, die eine Syntaxeinfuehrung besucht haben und nun glauben sie beherrschen Syntax, sind rein zufaellig.
Ich hoffe, ich werde bald meiner eigenen Angst muede und akzeptiere die Herausforderung.

Fuer alle, die bis hierher durchgehalten haben: danke, dass euch mein Leben so interessiert, und cih waere noch dankbarer, wenn ich fuer meine Posts auch das eine oder andere Feedback erhalten wuerde. Jedesmal, bevor ich etwas schriebe, schaue ich, ob jemand reagiert. Und wenn ich dann eine Null vor den comments sehe, ueberlege ich mir zweimal, ob ich den naechsten Post ueberhaupt anfangen soll. Also an dieser Stelle schon mal danke an Claudi fuer den ersten comment auf dieser Seite.

Monday, September 04, 2006

Adresse

Hallo zusammen,
gestern habe ich damit verbracht mein Zimmer einzurichten und viel zu viel Geld für den ersten Einkauf auszugeben. Ich hoffe, dass ich bald den Dreh raushabe, wo man was am günstigsten einkaufen kann...
Sobald ich ein Kabel für meine Kamera habe, gibts die ersten Photos, bis dahin müsst ihr euch mit der Adresse zufrieden geben. Päckchen mit Schokolade sind sehr willkommen. Die gibts hier nämlich nur entweder überteuert von Lindt oder viel zu süß in einer billigeren Variante, bah.

Cornelia Loos
4887 Avenue du Parc
Montréal, Québec
H2V4E7

Friday, September 01, 2006

Good news

Endlich. Endlich. Ihr wisst gar nicht, wie gut es sich anfuehlt, nach einer durchwachten Nacht ein Telephongespraech zu fuehren und zu wissen: Ich hab ein Zimmer! Endlich.
Das Schmuckstueck befindet sich in einem geraeumigen Appartment auf der Parc Avenue corner St. Joseph. Schmunzeln ist an dieser Stelle erlaubt. Egal ob ueber Parc Avenue oder St. Joseph. Ich hoffe, ich kann bald Photos schicken, das wichtigste aber schon mal im Kurzformat: Die Wohnung liegt an einer grossen, lauten Strasse - den Laerm hoert man aber nicht. Das Haus sieht von aussen dunkelgrau und haesslich aus, von innen hell und wie gesagt, geraeumig. Es gibt zwei Wohnzimmer, oder neudeutsch, Wohnbereiche, die hauptsaechlich mit IKEA-Moebeln eingerichtet sind (da fuehlt man sich auch gleich zu Hause), Parkettboden, eine schoene Kueche mit Esstisch und allem drum und dran. Die Wohnung schlaegt alle anderen bisher begutachteten um Laengen. Das Zimmer selbst laesst sich am besten mit dem Adjektiv tiny beschreiben: Hochbett mit Schreibtisch darunter, Kleiderschrank, full stop. Mehr passt nicht rein. Aber was brauche ich denn auch mehr fuer ein Jahr? Schreibtisch zum Arbeiten, Bett zum Entspannen. Und das beste ist, ich zahle $300 CAN, das entspricht laut Yahoo Waehrungsrechner 211,69 EUR. Fetzt, oder? Und da sind Nebenkosten schon mit drin.
Wie ich zu dem Appartment gekommen bin: Ich hatte an dem Tag schon zwei weitere Wohnungen gesehen, die gelinde gesagt, schaebig waren, aber in meiner Verzweiflung gar nciht sooo schaebig aussahen. Fuer meine jetzige Wohnung hatte ich eine Verabredung um 8:30, also nach Sonnenuntergang. Nach einem ordentlichen Fussmarsch kam ich an, dachte, Mensch, prima, lieg direkt an einer vielbefahrenen Strasse und sieht von aussen eher mistig aus, naja, gehste ma rein, bist ja den ganzen Weg hierher gelatscht, anschauen schadet nix. Nach den ersten paar Minuten drinnen hab ich nur noch gehofft, dass das Zimemr selbst halbwegs akzeptabel ist, weil mri die Wohnung so gut gefiel. Das hab ich den Leuten da auch klargemacht und mehr oder minder gebettelt (Verzweiflung), dass die mich aufnehmen. Ok, sie melden sich morgen frueh bei mir. Es folgte eine schlaflose Nacht. Und am morgen die Erloesung. Daraufhin verbrachte ich den Donnerstag mit Nichtstun, um mich von den Strapazen der Wohnungssuche zu erholen. Achja, ausserdem war am Mittwoch "Discover McGill", eine Art generelle Einfuehrungsveranstaltung. Principal Heather Munroe-Blum hielt eine Ansprache a la: McGill is the most research-intensive university in Canada, we have the best teachers, you are the best students in this country and we expect Great from you. Das schuechtert eher ein, als dass es motiviert. Das ueberstanden haben wir so lustige Spielchen gemacht wie Stellt szenisch eine der Student Services von McGill und deren Aufgaben dar. Wir sollten erklaeren, wie das Computer Lab funktioniert und ich hab mich glattweg freiwillig fuer die Buehne gemeldet und meinen eigenen Mut nicht wiedererkannt. Was hat man schon zu verlieren, richtig? Einen Ruf, den man noch gar nicht hat. Heute war die Department-Einfuerhung Linguistik fuer die Erstsemester, also nichts Neues fuer mich, aber ich hab auch heute fleissig gesmalltalkt und Leute kennengelernt und morgen werde ich wohl ne Runde Ste. Catherine unsicher machen und schauen, ob ich ne passende Jeans finde.
Gute Nacht